Ausführliche Biographie:  Michael von Hintzenstern



Geboren am 29.02.1956 als 2. Sohn des Landesjugendpfarrers Dr. Herbert von Hintzenstern und seiner Frau Johanna, geborene Bauer. Seit 1957 aufgewachsen in Weimar, wo der Vater als Chefredakteur der evangelischen Sonntagszeitung "Glaube und Heimat" und Leiter der Pressestelle der Ev.-Luth. Kirche in Thüringen wirkte.

Frühe musikalische Ausbildung im Violin- und Klavierspiel. Praktische Erfahrung im Duo mit dem drei Jahre älteren Bruder Matthias (Klavier/Violoncello). Mit 14 Jahren erster Kompositionsunterricht an der Hochschule für Musik "Franz Liszt". Als Befürworter "spätbürgerlich-avantgardistischer Avantgardemusik" bald in Misskredit geraten. Seit 1970 in Kontakt mit dem Komponisten Karlheinz Stockhausen (umfangreiche Korrespondenz bis 2007).

Seit 1972 als Musikkritiker tätig für das "Thüringer Tageblatt" und die "Neue Zeit" sowie (Ende der 80er-Jahre) für "Musik und Gesellschaft", zahlreiche Beiträge in westdeutschen Zeitschriften ("Musik und Kirche", "Der Kirchenmusker", „Neuland-Jahrbuch“ etc.). Seit 1981 thematische Sendungen beim "Weimarer Abend" von Radio DDR II.

Studienablehnungen an der Karl-Marx-Universität Leipzig (Musikwissenschaft) und der Musikhochschule Weimar (Orgel) aus politischen Gründen.

Nach dem Abitur von 1975 bis 1978 Studium Orgel/Chorleitung an der Thüringer Kirchenmusikschule in Eisenach (B-Examen). Danach Organist an der Eisenacher Annenkirche (Gründung der "Stunde der

Dada-Performance (2019) im Vereinslokal der Schlaraffen in Gera.

Kirchenmusik") und Redaktionsmitarbeiter bei "Glaube und Heimat" – in Kombination mit einem musikwissenschaftlichen Gasthörerstudium an der Martin-Luther-Universität Halle (ohne Belegung der ideologischen Fächer!).

1976: Preisträger des Internationalen Kompositionswettbewerbs in Boswil/Schweiz, nach mehrfacher Ablehnung dreimonatiger Studienaufenthalt im Künstlerhaus Boswil, verbunden mit heimlichen Reisen nach Köln (Karlheinz Stockhausen, Peter Eötvös, Mesias Maiguashca), Freiburg (Klaus Huber), München (Peter Michael Hamel), Paris (Emanuel Nunes), Brüssel und Liège (Henri Pousseur) …

Seit 1986 Organist an der "Liszt-Orgel" in Denstedt bei Weimar, die er bereits 1980 wiederentdeckte und 1993 sowie 2011 restaurieren ließ. 1984: Gründung weiterer Konzert-Zyklen mit kulturhistorischen Bezügen in Ettersburg (Bach und Liszt), Gelmeroda (Feininger) und Tiefurt (A. W. Gottschalg). 1986 organisierte er außerdem ein Internationales Symposium über die Kirchenmusik von Franz Liszt in Weimar (100. Todestag und 175. Geburtstag), worüber er auch eine Sendung in Radio DDR II gestaltetete. Im gleichen Jahr Veröffentlichung von Urtext-Ausgaben Lisztscher Chorwerke im Carus-Verlag Stuttgart sowie Beiträge zum Text-Band der Gesamtausgabe von Liszts Orgelwerken in der Universal Edition Wien.

1980 erfolgte die Gründung des "Ensembles für Intuitive Musik Weimar", das sich besonders für Werke des in der DDR tabuisierten Komponisten Karlheinz Stockhausen einsetzte (gemeinsame Probenarbeit 1991 und 2005, CD-Produktion FÜR KOMMENDE ZEITEN, Klangregie: Karlheinz Stockhausen, 2005).

Über das erste Stockhausen-Konzert in der Erfurter "Galerie im Flur" liegt ein Stasi-Protokoll vor!

1980 gelang eine weitere Teilnahme am Komponistenseminar in Boswil.

Von 1982 bis 1989 gab EFIM gemeinsam mit dem Trompeter Markus Stockhausen (Köln) 30 Konzerte

Das Foto aus den Anfängen des Ensembles für intuitive Musik entstand 1982 vor der Erfurter Michaeliskirche. Es zeigt Michael von Hintzenstern, Hans und Monika Tutschku sowie Matthias von Hintzenstern (von links). Foto: privat

und bildete damit ein deutsch-deutsches Ensemble, was Tabu war!

Seit 1984 jährliche Reisen ins westliche Ausland (Stockhausen-Uraufführungen, Konzerte etc.), 1988 kam es in Radio DDR II zu einer Sendung zum 60. Geburtstag von Stockhausen (mit Interview, das zuvor in Mailand mit einem Kassettenrecorder aufgezeichnet wurde!).

1988 starteten in der Denstedter Kirche die 1. Tage Neuer Musik, die bis 2021 jährlich stattfanden (seit 1990 in Weimar).

1989: Zwei Besuche im Josef-Rheinberger-Archiv Vaduz (Fürstentum Liechtenstein) zur Erforschung der Kontakte des Komponisten zu Franz Liszt und Alexander Wilhelm Gottschalg – Im Interview mit Hennig Karl Freiherr von Vogelsang (“Liechtensteiner Vaterland“) Anregung einer Kulturpartnerschaft mit der DDR, die nach dem Mauerfall zur offiziellen Gründung des Kulturkreises Liechtenstein-Weimar führte, der bis 2019 zahlreiche Projekte realisierte.

1989 Gründung der Klang Projekte Weimar, um "eigenständig und ohne ideologische Beeinflussung für zeitgenössische Musik einzutreten“.

1991 wurde als weiteres Ensemble der "Experimentalchor Weimar" ins Leben gerufen (seit 2009 mit dem Namen „Absurder Chor Weimar“). Dem folgte 1992 die inzwischen thüringenweite Konzertreihe "Neue Wege zur Musik – Wege zur Neuen Musik". Seit 1992 Kurator der Stadt- und Dorfkirchenmusiken im Weimarer Land.

Durch Vermittlung des Goethe-Instituts führte das "Ensemble für Intuitive Musik Weimar" im November 1993 eine sechswöchige Tournee durch sieben Länder Lateinamerikas. Inzwischen Gastspiele in 30 Ländern.

Seit 1994 im Präsidium des Landesmusikrates Thüringen, zu dessen Gründern er 1990 gehörte, 1995 bis 2019 Leiter der Arbeitsgruppe Neue Musik im LMR, die später in Landesausschuss umbenannt wurde. 2015 bis 2018 Vizepräsident.

Am 3. Oktober 1996 mit dem "Weimar-Preis" ausgezeichnet für "engagiertes Wirken auf dem Gebiet der zeitgenössischen, experimentellen und intuitiven Avantgardemusik, mit dem er einen wesentlichen Beitrag zur Bereicherung der kulturellen Landschaft Weimars" geleistet habe.

1999: Kurator der "33 Konzerte für '99" der europäischen Kulturhauptstadt Weimar! Autor eines 80-seitigen Programmbuches (Ausgaben in deutscher und englischer Sprache) sowie eines Begleitbandes "Kirchen im Weimarer Land – 22 Porträts" (Hain Verlag Rudolstadt).

Seit Sendebeginn des nichtkommerziellen Lokalradios "Lotte in Weimar" am 22. August 1999 wöchentliche Moderation von zwei einstündigen Live-Sendungen:

(Talk-) "Show royal" (bis 2007) und Magazin "Neue Töne" (mittwochs 22 bis 23 Uhr), worüber das MDR Fernsehen, 3sat und MDR Kultur berichteten.

1999: Lehrauftrag an der Bauhaus-Universität Weimar: „Die Emanzipation des Geräuschs in der Kunst des 20. Jahrhunderts“ mit Dr. Günther Schatter.

2007 und 2008 Kirchenmusiker an der Jakobskirche in Weimar.

2008: Ausstellung im Stadtmuseum Weimar zum 100. Todestag von Liszts „legendarischem Kantor“ Alexander Wilhelm Gottschalg im Stadtmuseum Weimar, nachfolgend gezeigt in Tiefurt, Eisenach (Lutherhaus), Erfurt (Michaeliskirche) und Apolda (Lutherkirche).

Konstantin Bayer, Michael v. Hintzenstern u. Mary Buermeister vor der Galerie Eigenheim Weimar im Mai 2015 zur Ausstellung How ever Call - Mary Bauermeister in Solo, resp. zur Schenkung eines Kunstwerkes  an das Weimarer Stadtmuseum im Rahmen der Dadadekade 2012-2021. Foto: Goermarson


Initiator der Konzertreihe „Klang – Rausch – Orgel“ (seit 2009) sowie der „Dada-Dekade 2012-2022“, die das 100. Jubiläum eines Internationalen Kongresses der Dadaisten und Konstruktivisten vorbereitet, der vom 25. bis 27. September 1922 in Weimar stattfand. In diesem Kontext seit 2015 monatliche TV-Show „Dada royal“ auf SALVE TV (jeweils 30 Minuten).

Michael von Hintzenstern wirkt momentan als Präsident der Klang Projekte Weimar e.V., Künstlerischer Leiter der „Tage Neuer Musik in Weimar“, Organist und Kurator der „Konzerte an der Liszt-Orgel Denstedt“ und der genannten Konzertzyklen. Bis 31.12.2020 war er außerdem Kultur-Redakteur der Wochenzeitung für Mitteldeutschland „G+H“. Rege Konzerttätigkeit als Solist und mit verschiedenen Ensembles.




Presse:


  1. -„Stockhausen fand ich gut“ / neues deutschland, 24. Oktober 2017

  2. -„Avantgardistische Hausmusik“ / Ostthüringer Zeitung, 14.05.2007

- „Es ist fünf nach zwölf“ Hup-Konzert gegen Neo-Nazis / Thüringer Landeszeitung, 13. April 2002

- „Sockel regt Fantasie an, Kromsdorf stets für Überraschungen gut“ ( von Christiane Weber) / TLZ, 5. Juni 2001

- „JENA KOCHT!“ (Als König von THÜRINGEN mit Kochorchester) / Thüringer Allgemeine, 6. Juni 2000

- „Der letze Schlömer: Heitere Badeballade“ (von Frank Quilitzsch) / TLZ, 26. Juni 1996

- „Vom Wiehern des Pferdes umweht, Joachim Schlömers Tanzstück „Geschenk am Fuß“ beim Weimarer Kunstfest“ / Rhein-Pfalz, 27. Juni 1996

- „Knallfrösche?“ / Thüringische Landeszeitung, Dienstag, 3. Februar 1976

- „Kompositionen von Studenten“ / DAS VOLK, 12. Februar 1976